Heute, am Dienstag, den 24. November 2020, wurde vor der 4. Großen Strafkammer des Landgerichts der Prozess gegen den Brandstifter Joachim S. fortgesetzt.
Es wurden nur Taten verhandelt, die S. am 8. Dezember 2019 begangen haben soll. Insgesamt sagten sieben Polizist*innen aus, die ihn an diesem Tag observiert hatten. Sie beschrieben, wie S. am Nachmittag in Niederursel versucht hatte, eine Scheune in Brand zu stecken. Von dort aus verfolgten ihn die Beamt*innen nach Oberursel. Nach dem Aufenthalt in einer Kneipe zog S. wieder los und steckte gegen 20.30 Uhr zunächst einen Sonnenschirm im Hinterhof eines Wohnhauses in Brand. Dieser lehnte direkt unter der Holzterrasse eines Wohnhauses vor einem Holzstapel. Eine*r der observierenden Polizist*innen löschte das Feuer, bevor es auf das Wohnhaus übergreifen konnte. Den zweiten Brand legte er wenige Minuten später an einer Vespa, die direkt vor einem anderen Wohnhaus stand. Auch hier löschte eine*r der Polizist*innen das Feuer. Zuletzt steckte S. eine Mülltonne in einer Passage hinter einem Restaurant in Brand. Die Köchin des Restaurants, die auch als Zeugin geladen war, hatte S. bei der Brandlegung gesehen und zusammen mit Kolleg*innen das Feuer gelöscht.
Es sagte auch der Polizist aus, der an diesem Tag die Observation von Joachim S. leitete. Er betonte, dass diese Brandstiftungen hochgefährlich gewesen seien. Wenn keine Polizeikräfte unmittelbar vor Ort gewesen wären, hätte es mit Sicherheit Personenschäden gegeben. Was wiederum die Frage aufwarf, warum die Festnahme nicht früher erfolgte. Hier war es dem Ersatzleiter wichtig zu betonen, dass die Situation zwar sehr dynamisch gewesen sei, sie jedoch stets alles unter Kontrolle gehabt hätten.
Die Festnahme erfolgte dann an der U-Bahn-Station Bommersheim. Zwei an der Festnahme beteiligte Polizist*innen beschrieben S.‘ Verhalten bei der Festnahme und im späteren Gewahrsam als überheblich, provokant, herablassend und arrogant. Außerdem äußerte er mehrfach, dass sie ihm nichts nachweisen könnten.
Laut Gutachten wies S. zum Tatzeitpunkt einen Alkoholgehalt von 1,56 bis 2,11 Promille auf. Die beteiligten Polizist*innen beschrieben ihn jedoch alle als bei klarem Bewusstsein und im Besitz all seiner Kräfte.
Als weitere Zeugin sagte die Geschädigte aus, deren Vespa angezündet worden war. Im Anschluss daran gab S. eine Erklärung ab, innerhalb derer er sich für seine Tat entschuldigte. Er schäme sind und wünschte, er hätte es nie getan. Er kündigte an, die Begleichung des entstandenen Schaden noch heute zu veranlassen. Die Entschuldigung wirkte allzu einstudiert und berechnend und nicht ansatzweise einfühlsam oder reuig.
Der Prozesstag endete mit einer knapp halbstündigen Einlassung von Joachim S. In dieser gab er zu Protokoll, wie er den Tag des 8. Dezembers erlebt hat. Er gestand drei Brandstiftungen am Abend in Oberursel und bestätigte hier weitestgehend den Tathergang so, wie ihn auch die anderen Zeug*innen beschrieben hatten. Zur Scheune in Niederursel wollte er keine Erklärung abgeben. Wesentlich unterschied sich seine Darstellung jedoch in Bezug auf seine Alkoholisierung und seine Verfassung. Es sei »wirklich besoffen« gewesen. Die Staatsanwältin ließ sich im Rahmen seiner Einlassung dazu hinreißen zu kommentieren, dass es spannend sei, wie S. in seinem Vortrag seine manipulative Ader zur Schau stelle.
Festzuhalten bleibt also, dass S. drei der vier heute verhandelten Taten gestand. In Bezug auf seine Verfassung widersprach seine Aussage jedoch deutlich der Wahrnehmung der aussagenden Polizist*innen.
Die Motivation des Täters kam auch an diesem zweiten Prozesstag kaum zur Sprache. An einer Stelle merkte die Richterin suggestiv an, dass sich Joachim S. wohl nichts beim Anzünden der Mülltonne gedacht habe. Es irritiert, dass bisher weder vom Gericht noch von der Staatsanwaltschaft ernsthaft versucht wurde, zu verstehen, was Joachim S. zu den Taten bewegte, wie er seine Ziele auswählte, wem er schaden wollte.
Auch warten wir noch immer gespannt auf die Fragen, wie nahe S. der AfD stand und warum er 2017 und 2018 über 1.700 Euro an die Partei spendete.
Das Verfahren wird am Donnerstag, den 26. November fortgesetzt. Es soll wie heute auch in Saal 7 verhandelt werden. Hier stehen lediglich 4 Besucher*innenplätze zur Verfügung.
Weitere Verhandlungstage sind:
Donnerstag, 3. Dezember 2020
Freitag, 4. Dezember 2020